von Rechtsanwalt Tobias Ritzenthaler
Wer das aktuelle Geschehen der Fußball-Bundesliga aufmerksam verfolgt, dem wird nicht entgangen sein, dass immer mehr Bundesligisten ihre 2. Mannschaft, auch als U23-Team bezeichnet, vom Spielbetrieb abmelden. Vorreiter waren dabei Bayer Leverkusen und Eintracht Frankfurt, seit dieser Saison unterhält auch RB Leipzig keine 2. Mannschaft mehr. Ganz aktuell wird nunmehr beim VfB Stuttgart über die Abmeldung der U23 diskutiert. Beweggrund für die Vereine ist zumeist die Verbesserung der Nachwuchsförderung. Auf den ersten Blick verwunderlich, wird doch gerade die 2. Mannschaft gerne als das „Sprungbrett in die Profimannschaft“ für talentierte Nachwuchsspieler bezeichnet. Nach den Überlegungen der betroffenen Vereine sollen talentierte Jugendspieler zukünftig jedoch entweder direkt aus der Jugend in den Kader der ersten Mannschaft aufgenommen werden oder mittels Ausleihe an Zweit- oder Drittligisten zu Bundesligaspielern geformt werden; eine 2.Mannschaft soll demnach entbehrlich sein.
Im Zuge der Diskussionen über Sinn und Unsinn dieser Maßnahme wurde ein (rechtlicher) Aspekt bislang nicht näher beleuchtet: Verletzt der Verein hierdurch seine Beschäftigungspflicht gegenüber seinen angestellten Spielern und welche Ansprüche haben die betroffenen Spieler gegen den Verein?
Regelmäßig besteht die 2. Mannschaft eines Bundesligisten neben talentierten und ambitionierten Nachwuchskickern aus älteren Spielern, die den Sprung zum (Voll-)Profi nicht geschafft haben oder ihre Karriere allmählich ausklingen lassen wollen. Diese Spieler haben nach den DFB-Statuten häufig den Status eines Vertragsspielers. Dem aufmerksamen Leser dieser Kolumne dürfte bekannt sein, dass Vertragsspieler grundsätzlich als Arbeitnehmer des Vereins gelten, sie werden auf Basis eines Arbeitsvertrages tätig. Den Arbeitgeber trifft daher die Pflicht, den Spieler vertragsgemäß zu beschäftigen.
Wird nun aber die U23-Mannschaft aufgelöst und besteht der Arbeitsvertrag eines Spielers über den Zeitpunkt der Auflösung hinaus fort, so hat der Spieler keine Möglichkeit mehr, seinen Sport, für dessen Ausübung er angestellt wurde, wettkampfmäßig auszuüben. Ein Anspruch auf Aufnahme in den Profikader kommt dabei regelmäßig nicht in Betracht, da die betroffenen Spieler zumeist nur für die 2.Mannschaft angestellt wurden, der Einsatz im Profikader somit nicht von den arbeitsvertraglichen Leistungspflichten umfasst ist. Auch die Aufrechterhaltung des Spielbetriebs der 2. Mannschaft kann der Spieler wohl nicht verlangen, hier dürfte die unternehmerische Entscheidung des Vereins, das Nachwuchskonzept neu auszurichten, vorrangig sein.
Letztlich verbleibt als rechtliche Konsequenz nur, demjenigen Spieler, der in keiner anderen (Nachwuchs-)Mannschaft des Vereins die Möglichkeit erhält, am Wettkampfbetrieb teilzunehmen, ein einseitiges Sonderkündigungsrecht einzuräumen. Ob auch dem Verein ein Recht zusteht, den Spielervertrag außerordentlich zu kündigen, ist fraglich. Dagegen spricht, dass er die Mannschaftsauflösung freiwillig vorgenommen hat und damit den Kündigungsgrund selbst geschaffen hat. Es könnte ihm daher zumutbar sein, den Spieler bis zum regulären Vertragsende weiterhin zu vergüten und zumindest eine angemessene Trainingsmöglichkeit anzubieten.